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   07. März 2023

   20:00

Rückblick auf einen persönlichen Erfahrungsbericht aus der Vortragsreihe am Dienstag

Frau Schöneberg ist es von Anfang an gelungen, die Zuhörenden im Netz und vor Ort in den Erzählungsbann zu ziehen.
Mit der vorgeburtlichen Namensgebung ihres Tom habe sie die Vielfalt der vorgeburtlichen Diagnosen incl. seiner Lippenspalte, Hirnfehlbildungen und genetischen Auffälligkeiten immer wieder zurück auf Ihren Sohn Tom gelenkt. Das sei eine echte Anstrengung gewesen, angesichts einiger Ärzte und deren schwerwiegender Bedenken zum weiteren Krankheitsverlauf und der schlechten Prognose seiner Befunde. Von Pränataldiagnostikern und behandelnden Ärzten wünsche sie sich eine stärkere Neutralität bei der Befundübermittlung und den Fokus auf die gesunden/positiven Anteile.

Es stand die Beendigung der Schwangerschaft im Raum, welche sie mit Ärzten und ihrem Mann diskutiert habe. Psychosoziale Beratung und Begleitung habe sie bei Frau Heuing-Otterbach in der Katharina Kasper Stiftung erfahren. In diesen Gesprächen sei ihr bewusst geworden, wie tief ihre Beziehung zu Tom bereits verankert war – wie groß ihre Liebe zu diesem Kind war. Dabei sei es ihr gelungen, die Liebe und Zukunftsperspektive nicht von den Überlebensprognosen, der Schwere der Befunde abhängig zu machen. Sie habe Tom im Mutterleib gespürt und kennengelernt. Sie habe sich vorgenommen, ihn mit Liebe zu `überschütten`, die die Liebe eines ganzen kurzen oder langen Lebens beinhalte.

Mit dieser Klarheit und ihrem Ja zum Kind habe sie die letzten zwei Schwangerschaftsmonate entspannt und in Vorfreude erleben können. Die Geburt, vor allem die Wartezeit darauf stellten sich schwierig dar, zumal sie coronabedingt in der Klinik allein war und sich auf alle Komplikationen einstellen musste. Mit seiner unkomplizierten Geburt und organischer Unauffälligkeit hatte Tom dann alle überrascht. Er konnte bereits nach drei Tagen nach Hause entlassen werden.

Bedingt durch die Lippenspalte war das Trinken schwierig, sehr zeitaufwändig bis zur operativen Korrektur im letzten Herbst. Alles habe sie zusammen mit ihrem Mann gut schaffen können in dem Bewusstsein: er lebt, ist bei uns und hat eine viel bessere Perspektive als erwartet. Die Geschwister hätten ihn sehr sensibel und liebevoll aufgenommen.

Tom mache allen viel Freude, entwickele sich in seinem eigenen Tempo und benötigt einige Hilfsmittel, wie Spezialsitz, Stehhilfe und Rollstuhl. Jeder kleinste Fortschritt löst große Freude aus und wird `gefeiert`.

Ihrer Familie gelinge es gut, Tom ohne Leistungs- und Entwicklungserwartungen heranwachsen zu lassen. Er bekomme therapeutische Unterstützung, so wie er sie braucht – diese aber mit Maßen und Freiräumen zur glücklichen Kindheit.

Tom, das bestätigten auch seine anwesenden Großeltern, sei ein extrem zufriedenes Kind. Er ruhe in sich und beglücke mit seinem gewinnenden Lächeln.

Natürlich habe sie akzeptieren müssen, dass Tom eine Behinderung habe und spezielle Unterstützung benötige. Inzwischen könne sie es sehr gut kommunizieren, Hilfen für ihn einfordern und mache damit gute Erfahrungen.
Ihr bleibt eine tief sitzende Angst gerade bei medizinischen Komplikationen und der Bedarf nach einfühlsamer Begleitung.

Mit Tom lerne sie täglich neu und verändere sich. Ihre Haltung zum Thema Inklusion als gelernte Erzieherin sei sehr viel differenzierter geworden. Inklusion sei kein Allheilmittel für alle Kinder. Geschützte individuell fördernde kleine Einrichtungen müssten auf jeden Fall eine pädagogische Alternative bleiben.

Frau Schöneberg engagiert sich im Netzwerk und hat mit Unterstützung ihrer Arbeitgeberin, dem Pflegedienst Nestpflege, eine Eltern Kind Gruppe für Eltern mit Kindern mit Behinderung und einen online Community Treff gegründet. Noch wird beides von Nestpflege gesponsert. Linda Wrobel, die Gründerin von Nestpflege, hat aber bereits einen Verein in Gründung, der auch weitere Projekte sichern soll. „Behind the Scenes“, so heißt der Verein und die geplanten Projekte werden in 2024 von Frau Schöneberg im Rahmen der Vortragsreihe vorgestellt.

Alle Teilnehmenden waren beeindruckt von der Intensität dieser `Familiengeschichte` und verabschiedeten Frau Schöneberg mit großer Anerkennung.

Unsere Veranstaltungen finden in Kooperation mit der Katholischen Familienbildungsstätte Westerwald/Rhein-Lahn statt. Sie sind kostenfrei.

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